Peter Wolter

„Seit langem spiele ich an der Schauburg Theater, inzwischen sind es wirklich viele Rollen und Stücke, die wir hier gemeinsam erarbeitet haben. Vom Musikstück über Tanztheater, Performance, Komödie, Lesung und Drama ist und war alles dabei, was ein Schauspieler sich wünschen kann.

Zu den ersten Arbeiten gehörten etwa eine schräg-schaurige Version von Sneewitte in der Regie von Peer Boysen oder eine hoch artifizielle Medea-Version unter der Regie der dänischen Theaterkünstlerin Kirsten Delholm; große Publikumserfolge feierten wir auch mit dem vom Ensemble erarbeiteten Schlagerpotpourri 'Bären auf dem Weg' und Zigarre rauchen lernte ich als Che Guevara im gleichnamigen Stück von Suzanna von Lohuizen.
Nach längerer Abwesenheit kehrte ich dann zurück und es begann die Zusammenarbeit mit dem Regisseur Beat Fäh, mit dem mich inzwischen viele wichtige Theaterproduktionen verbinden, wie zum Beispiel der Der Schimmelreiter, Der weiße Dampfer nach Aitmatov, Frühlings Erwachen! (LIVE FAST - DIE YOUNG), Paranoid Park oder zuletzt Der Ruf der Wildnis nach Jack London.

2013 hatte mein erstes eigenes Solostück Geister aus Quadrath-Ichendorf an der Schauburg Premiere und in der letzten Spielzeit inszenierte ich den Lesemarathon Lesezeichen setzen! - zwei Tage lang wimmelte es in der SCHAUBURG nur so von Leseratten, die sich in sechs verschiedenen inszenierten Theaterlesungen tummelten.

Das Theater vor und auf der Bühne, die dazugehörigen Texte und

die Musik, sind seit Langem der Dreh- und Angelpunkt in meinem Leben. Vor einigen Jahren sah ich ein Selbstbildnis des Komponisten Arnold Schönberg. Das besondere daran: er hatte sich von hinten gemalt! Niemand hat sich je von hinten gesehen!

Was er da von sich gemalt hat, das konnte er nur durch einen Spiegel gesehen haben, verzerrt und seitenverkehrt. Ich hab sehr gelacht über dieses 'Selbstbildnis' und gleichzeitig erlebte ich einen von diesen flirrenden Momenten der Selbsterkenntnis, ohne überhaupt genau zu wissen, was mir da gerade klar wurde. Mir schoss durch den Kopf: genau das interessiert mich am Theater, am Schauspieler sein ! Mich interessiert das, was mir unbekannt ist und - wie in diesem 'Selbstbildnis' - suche ich als Schauspieler ganz wörtlich nach dem Unbekannten an mir selbst, meine ganz persönliche Rückseite des Mondes (denn auch die ist ja von der Erde aus niemals zu sehen).

Theater sollte sich vor allem mit den unbekannten Rückansichten beschäftigen und je eigenwilliger und schräger diese Ansichten ausfallen, um so besser kann sich das Publikum daran reiben: dann kommt man mit Sicherheit aus dem Theater mit dem Gefühl 'So habe ich das noch nie gesehen!'
Und weil ich irgendwann nun einmal beschlossen habe, mit dieser Suche meine Zeit zu verbringen und weil das hier an der Schauburg auch immer wieder möglich ist, freue ich mich weiter auf die nächsten schrägen Rückansichten!“