Leitbild

Die SCHAUBURG am Elisabethplatz ist das kommunale Kinder- und Jugendtheater. Wie muss ein Theater sein, das sich an junge Menschen richtet?
Wenn man Kinder und Jugendliche fragt, was sie gerne essen möchten, dann entscheiden sich die allermeisten bei freier Wahl für die 4 P: Pommes, Pizza, Pasta, Pfannkuchen. Das ist zwar alles lecker, aber in zu hoher Dosierung ungesund. Das wissen die meisten.
Wenn man Kinder und Jugendliche fragt, welches Theater sie sehen möchten, dann soll es lustig, bunt und laut sein. Das ist zwar unterhaltend, aber ohne Gewinn. Das wissen noch immer zu wenige.
Wenn wir in der Dramaturgie diejenigen betrachten, für die wir Theater machen, dann sind das wache, schlaue, fragende junge Menschen.
Sie verstehen und lernen schnell und können sehr schnell sortieren, was wichtig ist und was nicht. Allerdings fehlt ihnen in manchen Dingen der Bezugsrahmen. Manches, was im Augenblick ungemein wesentlich ist, spielt morgen schon keine Rolle mehr. Wissen über den „richtigen“ Klamottenstyle oder den attraktivsten Sänger einer total coolen Band haben ein kurzes Haltbarkeitsdatum. Und warum man Lesen und Schreiben lernen soll, wenn doch die tollsten Geschichten elektronisch erzählt werden, bedarf intensiver Vermittlung.
Was man während seiner Kindheit und Jugend erwerben muss, ist nicht nur Wissen, sondern Urteilskraft. Man muss es aushalten, mit Widersprüchen zu leben statt sich mit einfachen Antworten abspeisen zu lassen. Kinder und Jugendliche brauchen Impulse, um selbstständig und frei denken zu lernen und Wichtiges von
Unwichtigem zu trennen. Denken und Verstehen führen zu Orientierung - Orientierung in einer Welt, die immer vielfältiger, unübersichtlicher, größer wird. Dabei kann Theater eine Hilfe sein, ein Theater, das seinem Publikum auf Augenhöhe begegnet und nicht in der Hocke.
Immer noch wird die Forderung erhoben, kulturelle Angebote für Kinder und Jugendliche müssten einfach sein, verstehbar für jeden. Gerne werden dann Luftballons oder leuchtende Requisiten als poetisch bezeichnet. Dieser Ansatz ist falsch, er unterschätzt das Publikum und betrügt die jungen Zuschauer um Wesentliches. Theater, das komplex, widersprüchlich, mit großer Zeichenhaftigkeit statt Profanisierung erzählt, ein Theater, das Vieldimensionaliät besitzt und den Möglichkeitssinn betont anstelle des Wirklichkeitssinns, ein solches Theater kann die Kreativität stimulieren und die Brille verändern, mit der man in die Welt blickt.
Dafür ist ein bisschen mehr Engagement als bei einfachen Spaß-Veranstaltungen nötig. Das gilt für Zuschauer, Vermittler und Begleiter (Lehrer, Eltern, Großeltern), und auch für uns.
Wir definieren unsere Arbeit erst dann als Erfolg, wenn z.B. dreizehnjährige Schüler gespannt unserer Fassung des Weltromans Die Entdeckung der Langsamkeit folgen oder Neunjährige mit ihren Eltern ein über tausend Jahre altes Sufi-Märchen gespannt anschauen, anschließend kluge, hellwache Fragen haben und Erwachsene durch ihre Interpretationen und Erkenntnisse verblüffen.
Seien Sie bei solchen Begegnungen dabei, die zeigen, dass Kinder und Erwachsene gemeinsam in einer Welt leben, die nicht auseinander dividiert werden sollte.