Stadttorheiten

Münchner Stadtsagen

Regie
Jörg Baesecke
Hedwig Rost
Es spielt
Jörg Baesecke

Stadttorheiten - Münchner Stadtsagen

Dauer

50 Minuten

Alter

Ab 8 Jahren

Premiere

21. November 1997

Über 600 Mal, seit 1997 erzählt und spielt Jörg Baesecke Sagen aus der Münchner Stadtgeschichte. Diese Vorstellung ist mobil und kann für Schüler ab 9 Jahren ins Klassenzimmer eingeladen werden.
Die Termine und Konditionen können unter 089/233 371-76 erfragt werden.

Nächste Termine

Stadttorheiten

In der ersten Geschichte "Der Löffelwirt am Rathaus" führt uns Jörg Baesecke hinter den "Alten Peter" an einen sagenumwobenen Brunnen mit einem eisernen Schöpflöffel, der allerdings längst nicht mehr existiert. Die Geschichte erzählt vom geizigen Rupert, der nichts als das wohlfeile Wasser aus dem Brunnen trank, vom verschwenderischen Achzeniet, der allzu gern dem Wein zusprach und vom seltsamen Herzog Sigmund.
Die Geschichte vom "Löffelwirt" erzählt viel vom Vorgang des Erzählens selber. Die Leute stecken die Köpfe zusammen und dichten dem Herzog Sigmund magische Fähigkeiten an. Als Sigmund eine Wiese kaufen will, entsteht prompt das Gerücht, dass dort ein Schatz vergraben sei.

Die zweite Geschichte erzählt von der Pest in München, wie die Menschen darunter litten und wie die

Schäffler mit ihrem Tanz die Menschen wieder auf die Straßen und ins Leben verführten.
Im Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens ist überliefert, dass den Schäfflern eine Resistenz gegen die Pest zugeschrieben wurde. Die Schäffler waren demzufolge prädestiniert gegen die Pest anzutreten, und möglicherweise fanden sie erst dadurch den Mut, ihren Schäfflertanz aufzuführen.

Die dritte Geschichte berichtet von einem Affen, der das Baby des Herzogs Ludwig auf das Dach des "Alten Hof" entführt.
Im Alten Hof wurde von den Baumeistern eine steinerne Affenfigur aufgesetzt. Erst im Nachhinein haben sich die Leute die Geschichte ausgedacht, warum der Affe da sitzt. Also stand der Stein wahrscheinlich am Anfang der Geschichte und nicht am Ende... vermutet Jörg Baesecke.

Vom Mund zum Ohr, erzählte Geschichte

Die Geschichten wurden aber nicht nur "privat" von Generation zu Generation in der Familie oder im Wirtshaus weiter erzählt. Es gab auch "professionelle" Erzähler, zum Beispiel Moritatenerzähler oder Bänkelsänger, die auf dem Marktplatz zwischen den Händlern ihr Publikum fanden.
"An diese Tradition knüpfe ich mit den Stadttorheiten an. Man kann in alten Stichen sehen, wie die Erzähler mit großen Bildtafel auf dem Marktplatz oder Jahrmarkt stehen - Bildergestütztes Erzählen nenne ich das.
Erzählen verstehe ich einerseits als Bewahren einer traditionellen Kunstform, und anderseits experimentiere ich mit Formen zeitgemäßem Erzählens. Die Bebilderung ist, überspitzt formuliert, der

Versuch, die Zuschauer zum Zuhören zu überlisten. Die visuellen Medien zielen ja in erster Linie auf den Sehsinn, der Hörsinn wird eigentlich unterversorgt.
Bei den Stadttorheiten sind die Scherenschnitt-Bilder nahe an den Geschichten dran. Beim ‚Affen auf dem Dach’ bilden sie die Geschichte ab und die Überraschung liegt darin, dass sich einige Scherenschnitte bewegen und an bestimmten Momenten die Bilder die Geschichte weitertreiben, während ich stumm bleibe.
Beim ‚Schäfflertanz’ habe ich mich von der reinen Illustration entfernt. Die mit wenigen Strichen gemalten Tuschezeichnungen sollen eher Gefühl und Phantasie ansprechen, während ich von der Pest erzähle"

Jörg Baesecke: Die Top 3 der Kunst des Erzählens

"1. Wie verhält sich der Erzähler zu seiner Geschichte? Die Kunst ist, eine Geschichte, die man schon 1000 Mal erzählt hat, auch in der "1001. Nacht" gut zu erzählen. Also sie nicht routiniert runterzurappeln, sondern als Person dabei spürbar sein und die Geschichte lebendig halten.

2. Der Erzähler muss im Kontakt mit seinem Publikum stehen. Es gilt nicht zur Uhr oder an die Wand zu erzählen, sondern wirklich

seine Zuhörer wahrzunehmen und dicht am Publikum zu bleiben.

3. Entscheidend sind natürlich Auswahl und Gestaltung einer Geschichte, auch in Bezug auf das Publikum. Der Erzähler muss sich bei jeder Geschichte fragen, ob sie ihn noch anspricht, und welche Gedanken er seinem Publikum vermitteln möchte. Was macht eine Geschichte heute erzählenswert, und welche Form möchte der Erzähler ihr geben?"

Spaziergang zu den Schauplätzen der Stadttorheiten

"Nachdem man die Stadttorheiten gesehen hat, schlage ich einen Spaziergang zu den Schauplätzen der drei Sagen vor.

Der Löffelwirt am Rathaus:
Der Schandesel steht heute nicht mehr auf dem Marienplatz. Auch der Brunnen, an dem der Löffel hing, ist leider nicht mehr da. Aber die Stelle, an der der Brunnen einst stand, ist leicht zu finden: Vom Marienplatz kommend, hinter dem alten Rathaus, rechts die Ratstreppe hinauf zum Alten Peter, dort rechts vor der Kirche stand der Brunnen mit dem Löffel.

Der Schäfflertanz zu München:
Zu der Geschichte der Pest in München gibt es viele Zeugnisse,

bis hin zu dem Figurenspiel im Turm des Neuen Rathauses. Der Sage nach begann der Schäfflertanz in der Färbergasse 20, wo heute eine Abbildung am Haus an dieses Ereignis erinnert. Am Marienplatz/Ecke Weinstraße können wir am Neuen Rathaus ein Wandrelief über die Pest (= Drachen) betrachten. Die Weinstraße weiter in Richtung Odeonsplatz gehen; an der Ecke zur Schäfflerstraße finden wir zwei Standbilder der Schäffler.

Der Affe auf dem Dach:
Der Affe aus Stein ist leider im Laufe der Geschichte verloren gegangen. Aber der ruhig gelegene Alte Hof sollte bei einem Spaziergang auf den Spuren der Stadttorheiten nicht fehlen."

Bilderbuchtheater

Jörg Baesecke arbeitet seit der Schauburg-Produktion „Algot-Storm“ mit dem Bilderbuchtheater. Die zugrundeliegende Idee dieser Erzählform ist einfach: Eine Geschichte wird anhand von Bildern, die in dem kleinen Theaterkasten gezeigt werden, erzählt.

Das Bilderbuchtheater im Unterricht

„Als Grundschullehrerin lernte ich das Bilderbuchtheater in einem Workshop in der Schauburg kennen. Damals ahnte ich nicht, welche vielfältigen Möglichkeiten sich damit in der Unterrichtsgestaltung eröffneten.

Einerseits gestalteten sich die Erzählungen durch den Bildeinsatz anschaulicher, andererseits konnte ich selbst mit Hilfe der Bilder leichter erzählen. Ein Erlebnis im Musikunterricht war das Hören von Prokofievs Märchen „Peter und der Wolf“ während dazu das Bilderbuchtheater in Szene gesetzt wurde. Eine Klasse gestaltete im Kunsterziehungsunterricht ein Märchen für jüngere Schüler, das sie dann stolz vortrugen. Auch der Sachunterricht wurde durch den Einsatz von „erzählenden Bildern“ interessanter. Mit dem Bilderbuchtheater kann noch viel gemacht werden.“
(Ellen Rudolph, Grundschule an der Simmernstraße)

Jörg Baesecke

Und Hedwig Rost sind die „Kleinste Bühne der Welt“, eines der ersten Objekttheater in Deutschland. Seit 1992 arbeiten die beiden auch an der Schauburg.

Hier entstanden die Produktionen „Kolumbus Nachfahren“ (92), „Alice im Unterland“ (94) und „Algot Storm“ (95). In den „Stadttorheiten“ tritt Jörg Baesecke als Solist auf.

SP::PRODIMAGES::BLOCK::TITLE