Haupt-Reiter
RingelNatz
Geschichten und Gedichten
Regie:
Anette E. Weber
Bühne und Kostüme:
Mandy Hanke
Musik:
Toni Matheis
Es spielt:
Klaas Schramm
Dauer
50 MinutenAlter
Ab 8 JahrenPremiere
07. Februar 2004Geschichten und Gedichten für Wort-Bauer und Sprach-Spieler, Sinn-Dreher, Unsinn-Erfinder und alle Welt-auf-den-Kopf-Steller. Mit dabei sind Klaas Schramm, sein Klavier und sein Fahrrad. Und "Emanuel Pips", das "Nebendir", ein "Volkslied", "Ameisen" und "die Guh" und und und. Gemeinsam entwickeln sie eine wunderbar-verrückte Vorstellung, die den Dingen auf ganz ungewöhnliche Art auf den Grund geht.
Nächste Termine
„RingelNatz“ – ein szenischer Monolog
Olaf Schratz ist ein komischer Kauz. Er wohnt unter dem Dach der SchauBurg und beschäftigt sich mit Dingen, von denen man gar nicht wusste, dass es sie gibt. Freiwillig allerdings wohnt er dort nicht. Sein Bruder Wolfgang hat ihn in dieses „Theaterasyl“ getrieben und der Grund dafür ist augenscheinlich: Herr Schratz ist ein so verrückter Welt-auf-den-Kopf-Steller, dass er die Nähe zu braven und langweiligen Menschen, als deren Vertreter er seinen Bruder Wolfgang sieht, einfach nicht aushält. Und welcher Zufluchtsort liegt da näher, wenn es um Unsinn-Erfinder, Sinn-Dreher oder Wort-Bauereien geht, als das Theater?
Mit der ständigen Gefahr im Nacken, dass sich Wolfgang unter die Zuschauer gemischt haben könnte um ihm wieder die Lebensphantasie zu klauen, entwickelt Herr Schratz eine ringelnatz‘sche Phantasiewelt, die den Dingen auf ganz ungewohnte Art auf den Grund geht. So erfährt man zum Beispiel wie man eine Erfindung macht, wie man ein richtiger Bergmann wird oder man steht vor dem Rätsel, wie man unter Wasser Bläschen macht. Herr Schratz erzählt das alles mit allerlei Groß- und Kleinstrequisiten, die er über ihre eigentliche Verwendung hinweg, für eine eben neu erfundene Sache auch mal sinnentfremdend benutzt. Und wenn er sich ans Klavier setzt und „Liedchen“ singt, kommt soviel Zartes und Empfindliches zum Vorschein, dass die Gewährung eines Zufluchtortes geradezu als menschliche Pflicht angesehen werden muss.
Kurzum: Eine Vorstellung zwischen unglaublichen Sinn-gedrehten, Sprach-spielenden Ringelnatz-Geschichten und sinnlich-direkter Erzählweise.
.. Können wir nur hoffen, dass Wolfgang uns den Spaß nicht verdirbt ...
Biographisches
Joachim Ringelnatz – eigentlich Hans Bötticher, auch Pinko Meyer, Fritz Dörry, Gustav Hester – wurde am 7.8.1883 als jüngstes Kind eines Tapetenentwerfers in Wurzen/Sachsen geboren.
Er flog von der Schule und wurde auf eine Erziehungsanstalt strafversetzt. Das Reifezeugnis berechtigte ihn zum "Einjährig Freiwilligen Militärdienst". Auf dem Abgangszeugnis des zweimaligen Sitzenbleibers notierte sein Lehrer, Hans Bötticher sei „ein Schulrüpel ersten Ranges“ gewesen.
Danach fuhr er zunächst als Schiffsjunge, später als Matrose und als Freiwilliger bei der Marine zur See. 1903 absolvierte er eine kaufmännische Lehre, arbeitete als Hausmeister in einer Pension in England, war Lehrling in einer Dachpappenfabrik und später auch Angestellter in einem Münchener Reisebüro. Mit 25 Jahren trat er zum ersten Mal im Münchener Künstlerlokal „Simplicissimus“ auf. Später war er dort „Hausdichter“ und gehörte zum Freundeskreis um Erich Mühsam, Frank Wedekind, Carl Georg von Maasen u.a.
Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich in der Folgezeit als Bibliothekar bei der gräflichen Familie Yorck von Wartenburg in Schlesien und im Elternhaus des Balladendichters Börries von Münchhausen in Hannover sowie als Fremdenführer auf Schloß Klein-Oels. 1914 zog er als Freiwilliger in den Ersten Weltkrieg. Nach dem Krieg arbeitete er in einer Gartenbauschule und als Archivar in einem Berliner Verlag. 1920 wurde er für die Berliner Kleinkunstbühne „Schall und Rauch“ engagiert und unternahm zahlreiche Tourneen im ganzen deutschsprachigen Raum.
1933 erhielt er von den Nazis Auftrittsverbot und seine Bücher endeten auf den Scheiterhaufen der Bücherverbrennungen. Ringelnatz verarmte zusehends und stirbt völlig mittellos an einer langen Tuberkulose-Erkrankung am 17.11.1934 in Berlin.
Episodisches
"Ich Schaufensterdekorateur sollte das Ladenfenster eines Delikatesshändlers in der Kaulbachstraße weihnachtlich dekorieren. Das wurde mir nach Vereinbarung bezahlt. Großen Eindruck machte es mir, dass mich der Ladenbesitzer während meiner Arbeit in ein Hinterzimmer rief, mir eine Riesentasse Kaffee und ein reichliches Essen vorsetzte und sagte: 'So, lieber Mann, jetzt stärken Sie sich erst mal.' Da er mir im Übrigen völlig freie Hand ließ, glaubte ich nun, außer den erlernten technischen Kenntnissen auch meinen persönlichen künstlerischen Intuitionen freien Schwung geben zu können.
Ich türmte Würstchendosen übereinander, kippte sie um, warf zwischen diesen gewollten Trümmerhaufen kunstvoll spielerisch verstreut Tannenzweiglein. Ich ließ eine Zervelatwurst wie ein Dornröschen verstrickt in Lametta hängen, ich verfolgte Perspektiven, unterbrach einen strengen Pyramidenbau aus Käsen plötzlich durch einen Teller niedlicher Pfeffergürkchen. Ich verlegte den Goldenen Schnitt um die Länge einer Gänsebrust, warf aber dafür sanfte Flocken von Watteschnee auf ein schweinisches Durcheinander von schamlosen Schinken. Als ich fertig war und mein Geld und obendrein Dank erhalten hatte, besah ich mir das Ganze noch einmal von außen. Da erkannte ich, dass es ein abscheulich kleinliches Kitschgebilde geworden war. Ich habe nie wieder ein Schaufenster dekoriert, aber ich respektiere diese Kunst."
(Joachim Ringelnatz, aus: „Das Ringelnatz Lesebuch“)
Textfolge
- Überall
- Im Park
- Eine Erfindung machen
- Liedchen
- Zum Bockspringen
- Genau besehen
- Der Globus
- Sich interessant machen
- Nie bist du ohne Nebendir
- Aus meiner Kindheit
- Vor der Schallplatte eine Katze
- Volkslied
- Unter Wasser Bläschen machen
- Emanuel Pips
- „die Guh“
- Viel gesiebt
- Ameisen
- Briefmark
- Der Unterschied von Mann und Frau
- Sechs Beine hat der Elefant
- Beinchen
- Bist du schon auf der Sonne gewesen
- Das Bergmannspiel
- Heimatlose
- Wie machen wir uns gegenseitig das Leben leichter?