Haupt-Reiter
Weisst du, wo mein kleiner Junge ist?
Deutsch von George Podt und Dagmar Schmidt
Regie, Bühne und Kostüme
Peer Boysen
Mitarbeit Bühne und Kostüme
Andrea Spanier
Musik
Toni Matheis
Es spielen
René Dumont, Heio von Stetten, Cornelia Kraft
Nächste Termine
Zum Inhalt
Suzanne van Lohuizen hat „Weißt du, wo mein kleiner Junge ist?“ als Auftragsarbeit für die SCHAUBURG geschrieben. Ein Stück für drei Personen von denen nur zwei zu sehen sind; die dritte Figur ist zwar die Hauptperson, um die sich alles dreht, aber sie ist nicht da.
Die beiden anderen sind sehr merkwürdige Kerle. Der eine - Kamiel - schmatzt häufig und der andere - Lunter - hat ein weckerartig tickendes Herz. Von dem Dritten behaupten sie, dass er ein Prachtjunge sei, klein, lieb, süß, mit zwanzig scharfen Zähnen – kurz ein Wunder.
In ihrer Begeisterung merken sie erst allmählich, dass er weg ist. Und keiner der beiden kann sich erinnern, wann er ihn zuletzt gesehen hat. Wo ist er verloren gegangen? Wer hat ihn wo liegen gelassen? War es Absicht oder ein Unglück? Was kann ihm nicht alles zugestoßen sein!
Ihre Sorge verwandelt sich in panischen Verfolgungswahn, so dass sie sich fürchterlich bedroht fühlen von jemandem, der gar nicht da ist.
Der Zuschauer erlebt eine Kette von scheinbar alltäglichen, selbstverständlichen Handlungen, Zufällen, Auseinandersetzungen, die immer die Logik der Erwachsenen herausfordert, da die Geschichte aus einer verdichteten Kindersicht erzählt wird.
Zur Inszenierung
Der Regisseur hat den Text wie eine Partitur behandelt. Sätze werden wie eine Melodie gesprochen oder umgekehrt das Cello ahmt den Klang des Textes nach. Es gibt viele Tempi- und Rhythmus-Wechsel, musikalisch vergleichbar mit „ritardando“, „staccato“, „legato“, „andante“ oder einer „Generalpause“. Auch in den Betonungen sind Wechsel von einem zärtlichen, verträumten „pianissimo“ zu einem mächtigen „fortissimo“ sehr bewusst eingesetzt. Unerwartete Geräusche erzeugen Angst und Hoffnung. Die Musik (das Cello) liefert meist die Idee für folgende Aktionen und setzt somit wichtige Akzente.
Am Anfang erscheint das Spiel eher mechanisch – so als würden zwei Puppen zum Leben erweckt. Wie von unsichtbaren Fäden gezogen und musikalisch vorbereitet setzt der Dialog zweier seltsamer Figuren mit kurzen Beinen, eigenartiger Frisur und auffallenden Zähnen ein. Die Spieler sind in der Tat halb Mensch, halb Puppe, denn an ihrer Taille baumeln zwei verkürzte Beinchen. Sie sind damit jedoch auf der kleinen Spielfläche mittels spezieller Technik sehr beweglich.
Im Laufe des Spiels lassen sich dann viele alltägliche Familiensituationen wiedererkennen. Das Paar streitet und verbündet sich über die banalsten Dinge und kommuniziert vor allem über den nichtvorhandenen kleinen Jungen. Er diktiert in Abwesenheit die Spielregeln und Kamiel und Lunter lassen sich mit unterschiedlichen Gefühlsschwankungen darauf ein.
Kleiner Junge? - Stückauszug
Lunter: Hahahaha. Jetzt geht es aber los.
Jetzt wird es aber bunt. Gefährlich.
So eine Rotznase.
Kamiel: Er hat bereits Zähne.
Lunter: Wieviele.
Kamiel: Ungefähr zwanzig.
Lunter: Zwanzig Zähne.
Kamiel: Und alle scharf.
Lunter: Und Nägel?
Kamiel: Nägel auch.
Lunter: Zwanzig.
Kamiel: Mit den Füßen dazu ja.
Lunter: Seine Füße zählen nicht mit.
Kamiel: Nackte Füße.
Lunter: Zwanzig Zähne und zwanzig Nägel.
Kamiel: Und alle scharf.
Lunter: Mein Kind ist ein Monster.
Kamiel: Du wirst dich umschauen.
Lunter: Ein Monster.
Die Autorin Suzanne van Lohuizen
Van Lohuizen, geboren 1954, ist Schauspielerin, Regisseurin und Autorin. Sie lebt in Haarlem, Holland. Von 1972 bis 1974 besuchte sie die Schauspielschule, danach studierte sie Niederländisch. Fünf Jahre lang arbeitete sie als Schauspielerin bei „Proloog“ in Eindhoven (1975-80). Damals probierte diese Theatergruppe neue Arbeitsformen aus: das kollektive Schreiben und Entwickeln von Stücken.
Seit 1981 schreibt sie eigene Stücke. Das erste, „Der Engel in dem Haus“, ein Frauenstück, wurde in ihrer eigenen Theatergruppe produziert (Wit-Theater).
Inzwischen sind sieben Stücke von ihr erschienen, u.a. „Zwischen Dissen-Rothenfelde oder die Grotte der Wünsche“, „Fuga“ und „Der Junge im Bus“ (1989 aufgeführt an der SCHAUBURG).