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Bühne
Kostüm
Kämpfe
Videodesign
Mit
Spielort
Großer SaalDauer
ca. 95 MinutenAlter
Ab 13 JahrenPremiere
13. Februar 2016Tanztheater von Johanna Richter und dem Ensemble
Inspiriert von Shakespeares gesammelten Werken und der Frage, wie es wäre, wenn unsere Liebe bedingungslos wäre.
Im März werden die letzten Vorstellungen zu sehen sein.
Nächste Termine
Aus Liebe in den Krieg zum Innehalten
Inspiration für diesen Tanzabend sind sechs Theaterstücke von William Shakespeare: „Romeo und Julia“, „Hamlet“, „König Lear“, „Othello“ „Macbeth“ und „Richard III.“
Das Bühnenbild besteht aus Theatererinnerungen, Requisiten, Bühnenbildzitaten. Wer genau schaut, erkennt mögliche Geschichten in den Objekten. Fünf Männer (zwei Tänzer, drei Schauspieler) betreten diesen Fundus, räumen eine Spielfläche frei und lassen sich tragen von ihren Erinnerungen, Erfindungen, Erlebnissen. Sie nehmen sich vor, Shakespeare zu spielen. Von großen Gefühlen wollen sie erzählen, von der Leidenschaft, für etwas einzutreten, das man liebt. Die Bühnensituation gibt die Spielregeln vor: Die fünf Spieler müssen alle Rollen übernehmen: Junge, Alte, Männer, Frauen, Liebende und Rasende. Das tun sie
mit minimalen Veränderungen ihrer Alltags-Kostüme, in bewegten Bildern, mit den Mitteln des Tanztheaters. Sie wechseln von Story zu Story die Bewegungssprache, die Körperhaltung. Wie sieht jemand aus, der aus der Bahn geworfen wurde? Wie kann man in Bewegung umsetzen, dass der Kopf bleischwer ist? Die Herausforderung für die Spieler ist, dies ohne Travestie oder plakative Kostüme zu schaffen, sondern subtil durch große Genauigkeit des körperlichen Ausdrucks. Sprachliche Inhalte werden durch Körperphantasie mit Wiedererkennungswert erzählt statt mit Shakespeares Textvorlagen. Wenn Sprache verwendet wird, dann sind es Improvisationsaufträge derjenigen außerhalb der Bande, manchmal in Englisch und manchmal in Deutsch.
Shakespeares Erzählungen
Alle sechs genannten Stücke werden nacheinander erzählt und verschmelzen zugleich zu einem neuen Ganzen. Selbstverständlich kann man die Schicksale von Julia bis Richard III. auch ohne Kenntnis der Shakespeareschen Vorlagen interpretieren. Allerdings erhöht sich das Seh-Vergnügen extrem, wenn man die Vorlagen kennt. Daher nachfolgend Kurzfassungen mit den jeweiligen Schwerpunktsetzungen, die für die Arbeit von „For you my love!“ wesentlich waren.
Romeo und Julia
Zwei Familien liegen seit Generationen in erbittertem Streit. Sie wohnen in derselben Stadt, wodurch sich ihre Kinder und Verwandten unweigerlich immer wieder auf der Straße treffen. Das bedeutet Streit, Kampf und Hass auf beiden Seiten. Eines Tages treffen sich der Sohn aus einer der Familien und die Tochter der anderen und verlieben sich – auf den ersten Blick. Eigentlich könnte das den lang ersehnten Frieden bringen, aber die Familienbande sind zu stark. Das Töten geht weiter. Und am Schluss ist auch das Liebespaar tot. Zu spät sehen die Familien, dass sie das Wertvollste verloren haben: Ihre Kinder und damit ihre Zukunft.
Hamlet
Ein Sohn verliert seinen Vater und muss miterleben, wie die Witwe, seine Mutter, sofort einen anderen Mann heiratet. Und dieser Mann ist sein Onkel, den er nicht mag. Verletzt und aus der Bahn geworfen versucht der Sohn, bei seinem besten Freund Halt zu finden. Einem Mädchen, das er liebt, gesteht er seine Gefühle. Immer wieder verliert er sich in Gedanken und möchte weg aus dieser Welt.
Eines Tages begegnet ihm der Geist seines Vaters und erzählt ihm, dass er nicht eines natürlichen Todes gestorben ist, sondern von eben dem Onkel ermordet wurde, der nun sein Stiefvater ist. Der Sohn soll ihn rächen. Als der Sohn versucht, diesen Auftrag zu erfüllen, scheitert er an seinen Zweifeln und Ängsten, so dass am Ende alle in den Abgrund gerissen werden.
König Lear
Ein Vater hat drei Töchter und möchte – da er in die Jahre gekommen ist – sein Erbe verteilen. Als Bedingung soll jede Tochter ihm ihre Liebe beweisen. Die beiden älteren Töchter versuchen alles, um dieser Erwartung gerecht zu werden, die Jüngste dagegen macht nichts und vertraut darauf, dass der Vater ihre ehrliche Liebe spürt. Der aber ist zutiefst enttäuscht von ihrer „Weigerung“, enterbt sie und schmeißt sie aus dem Haus. Er ahnt nichts von der Gier der beiden älteren Töchter, die nur auf das Erbe gewartet haben. Sie machen aus ihm einen alten, gebrochenen Narren und schicken ihn in die Wüste. Um den Vater zu retten, kommt die jüngste Tochter schließlich zurück. Doch der Vater erkennt zu spät, dass er einen furchtbaren Fehler gemacht hat, als er ihre aufrichtige Liebe nicht erkannt hat, und so gehen alle im Kampf um die Macht unter.
Othello
Ein ehrenwerter Mann heiratet eine junge, liebevolle Frau. Obwohl er aus einem fernen Land kommt, hat er Karriere gemacht, bekleidet eine Führungsposition und hat eine einheimische Frau gefunden, die ihn bedingungslos liebt.
Doch es gibt Neider, die ihn hassen, weil er hat, was sie besitzen wollen, und weil er fremd ist. Als er einen Kandidaten in ein Amt erhebt, das ein Konkurrent für sich beansprucht, entfacht sich eine hinterhältige Intrige. Der abgelehnte Konkurrent verwickelt den neu gekürten Amtsträger in eine vermeintliche Affäre mit seiner frisch vermählten Frau. Sie und er wissen nichts von dieser Absicht. Der Plan geht auf: Die Eifersucht siegt über das wahre Gefühl. Der Mann ermordet seine Frau und erfährt zu spät, das sie nichts anderes war als ihn treu liebend und unschuldig.
Macbeth
Ein hoher Offizier zieht in den Krieg für sein Land. Er weiß um die Dankbarkeit seines Königs, der ihn auszeichnet und schätzt. Eines Tages träumt der Offizier davon, selbst König zu werden. Das erzählt er seiner Frau. Die ist schon lange unzufrieden mit der Position ihres Mannes und stachelt ihn an, diesem Traum zu glauben, den König zu ermorden und sich zu nehmen, was ihm zustehe. Obwohl er Zweifel hat, begeht der Offizier tatsächlich diesen Mord und wird König.
Aber ab jetzt beherrscht ihn die Angst, dass die Tat auffliegt und die Rache der Erben auf ihn zurückfällt. Also muss er alle, die zur Gefahr werden könnten, ebenfalls ermorden. Eine endlose Schreckensherrschaft ist das Ergebnis, die auch seine Frau in den Selbstmord treibt.
Am Ende steht er vor einem zerstörten Reich und wird von seinen Widersachern getötet.
Richard III.
Ein junger Mann hat es nicht leicht, sich und sein Leben zu lieben. Er ist körperlich missgebildet, empfindet sich als hässlich, vom Schicksal benachteiligt und von Familie und Gesellschaft verstoßen. Seinen beiden älteren Brüder dagegen scheinen sich alle Wünsche zu erfüllen: Sie besitzen das Familienerbe oder haben zumindest Aussicht darauf, haben eine Frau und ein gesichertes Leben.
Über Jahre wächst sein Hass auf die beiden, dass er entscheidet, die Macht an sich zu reißen. Er räumt alle aus dem Weg, die ihm bei seinem Plan hinderlich sind und sichert sich geschickt Verbündete, die ihm erst helfen und danach ebenfalls getötet werden. Er geht über Leichen und empfindet sein Handeln als gerecht. Zuletzt aber fällt er seinem eigenen Tun zum Opfer. Seine Gegner wollen die Macht zurückerobern. Am Ende ein Innehalten!
Große Stoffe
Wenn man die Geschichten so pur nacherzählt, ohne fremd klingende Namen und ohne Nebenfiguren, dann sieht man, dass Shakespeare fast alle großen Themen bereits erzählt hat und Inspiration bis heute ist – für Theaterstücke, Blockbuster oder Arthouse-Filme. Wahrscheinlich werden Jugendliche in den Plots
eher Treatments für Computer-Games wiedererkennen als hohe Literatur. Macht nichts. Geschichten von kleinen Konflikten in der Familie, die sich zum großen Welten-Erdrutsch vergrößern, die Fragen von Machtverteidigung, Ehrverteidigung, Familienehre sind zeitlos und immer wieder und immer noch aktuell.
Grenzüberschreitungen
Die sechs Stücke werden nicht in kleinen Short Stories erzählt, sondern verschmelzen zu einem Abend. Sie entstehen aus der Theatralik des Raums, der die Fantasie der Spieler anzündet. Diese erinnern sich, beflügeln sich gegenseitig, improvisieren, suchen nach Bildern, die Situationen und Konflikte wiedererkennbar machen. Die großen Themen der Shakespeareschen Vorlage üben eine große Faszination aus, die archaische Kraft beflügelt von Stück zu Stück mehr, bis sie keine Möglichkeit mehr finden, aus den Rollen auszusteigen. Unversehens geraten die Spieler in eine unkontrollierte Gewalt, wo jeder gegen jeden kämpft ohne zu wissen, wogegen eigentlich.
Immer muss eine Grenze respektiert werden, die nicht überschritten werden darf, weil man sonst Kollegen ernsthaft verletzt – oder im wirklichen Leben einen Freund versehentlich töten könnte. Der Rausch des Kampfes kann sehr gefährlich werden. Das
archaische Gefühl vom Überlebensdrang schlummert in jedem. Wenn man den Moment des „Abbiegens“ verpasst, wenn man von Wut, Hass, Verbissenheit ungebremst übermannt wird, dann droht Lebensgefahr.
So geschieht es den fünf Darstellern. Sie wollen ein Stück über Liebe erzählen und landen unabsichtlich und unkontrolliert im Massenmord, weil eine Eskalation sie treibt, die niemand gesucht hat. Der Abend endet mit einem Moment der Erkenntnis, was hätte passieren können, wenn sie den Moment des Abbiegens nicht erwischt hätten. Am Schluss finden die Spieler die Bremse. Aber die Büchse der Pandora wurde geöffnet. Der Abend endet mit Erkenntnis, Reflexion und der Versicherung, dass man morgen wieder freundschaftlich beginnen kann. Neues Spiel – neues Glück: Aktuelle Themen nicht aus dem 17. Jahrhundert, sondern von heute, vom Schulhof, dem Bahnhof, der Disko.