Seiten, die auf Liebeslichterloh verweisen

Regie/Ausstattung
Songauswahl
Musikalische Einstudierung
Licht
Sound Design
Ton
Klaus Pinternagel, Ralf Steyrer
Kameraführung
Es spielen

Spielort

Großer Saal

Dauer

ca. 90 Minuten

Alter

Ab 14 Jahren

Premiere

09. Januar 2016

Eine musikalische Liebes-Collage

unter Verwendung von Texten aus Shakespeares „Romeo und Julia“
in einer Fassung von Peer Boysen
in der Übersetzung von Frank Günther

Im März werden die letzten Vorstellungen zu sehen sein.

Nächste Termine

„Romeo und Julia“

William Shakespeares Tragödie „Romeo und Julia“ ist die wohl berühmteste Liebesgeschichte der Weltliteratur. Circa 420 Jahre alt, hat sie bis heute nichts von ihrer tragischen Wucht verloren. Und jeder kennt diese Geschichte. Selbst die, die weder das Theaterstück noch entsprechende Kinofilme kennen, wissen doch zumindest, dass es eine große Liebesgeschichte ist. Romeo und Julia sind über die Jahrhunderte hinweg zum Sinnbild für die romantische Liebe zweier Menschen geworden. Und das zurecht, denn kein anderes Theaterstück feiert den Sturm der ersten Liebe
so eindringlich wie dieses. Es erzählt von der unglücklichen Liebe zweier junger Menschen, deren Häuser sich in einer hasserfüllten Familienfehde feindlich gegenüberstehen und die am Ende unter tragischen Umständen durch Selbstmord zu Tode kommen. Shakespeare hat seiner Liebestragödie all das mitgegeben, was in den folgenden Jahrhunderten nach ihm viele Liebesgeschichten ausmachen sollten: die große Liebe und die Unmöglichkeit, sie zu leben.

Liebeslichternde Lohe

„Kein Leidensweg war schlimmer irgendwo / Als der von Julia und von Romeo.“ Mit diesen Worten endet das Drama, und sie lassen den Zuschauer unwohl nach Hause gehen. Kein Happy End. Keine Hoffnung, dass sich die Liebe von Romeo und Julia über zerstörerische Machtstrukturen und sinnlose Feindbilder ihrer Familien hinwegsetzen könnte. Erst nach dem Tod der Liebenden stellt sich Frieden ein.
Staatsräson auf Kosten der Liebe zweier junger Menschen? Warum lässt Shakespeare die beiden sterben und verweigert den Triumph der Liebe? Wenn Romeo die Nachricht von Lorenzo bekommen hätte, dass Julia nur zum Schein tot ist und die darauffolgenden Selbstmorde somit keinen Grund mehr hätten, wäre die Liebe der beiden doch Grund genug, auf Frieden zwischen beiden verfeindeten Familien zu hoffen! Warum darf Romeo diese Information nicht bekommen?
Vielleicht will uns Shakespeare etwas anderes erzählen. Über die Liebe, deren Leidenschaften und Verirrungen. Wenn Hitze und Leidenschaft dazu führen, Suizid zu begehen, haben sie die Kontrolle über die Liebenden. Mehr und mehr werden sie so zu einem unbeherrschbaren Rausch, einer Sucht, der man sich nicht entziehen kann. Verloren im Liebesrausch gerät das Leben schnell außer Kontrolle, und es braucht nicht mehr viel, bis nur noch der Tod Erlösung verspricht.
Andererseits: Liebe ohne Leidenschaft, ohne die Hitze des Moments, ohne liebeslichternde Lohe und ohne die Grenzgänge der Gefühle ist keine Liebe: Ein ewiger Widerspruch und als solcher ewige Quelle und Inspiration in Kunst und Literatur, niemals aufzulösen und deshalb auch ein beliebter Stoff für eine Bühne. So

betrachtet ist Shakespeares Liebestragödie von Romeo und Julia eine Geschichte über die Unmöglichkeit, die große Liebe zu leben. Denn irgendwie scheint Shakespeare einfach nicht an die ewige liebeslichternde Lohe zu glauben, ahnte womöglich, dass das Verliebtsein selbst bei zweien wie Romeo und Julia einmal zu Ende gehen könnte. Und bevor das der Fall wäre, so scheint dem Dichter hier der Tod allemal besser, auch wenn die Staatsräson damit teuer erkauft ist. Er scheint gewusst zu haben, dass die Liebe von hitzig-fiebriger Energie angetrieben, die Erlösung in einem endlosen Glücksrausch nur suggeriert. Denn diese Energie ist endlich. Was folgt ist Alltag, Routine, Verabredung – das Leben eben. Im Vergleich mit dem Rausch der Gefühle ist das langweilig und als Stoff für eine Bühne auch völlig uninteressant. Im richtigen Leben aber ist dieser langweilige Alltag nachhaltiger und irgendwie auch viel schwieriger zu leben... doch das ist eine andere Geschichte.
Der Dramatiker Feridun Zaimoglu äußerte sich in diesem Zusammenhang einmal dazu sehr treffend:
„Da wurde mir klar, dass Meister Shakespeare schon wusste, warum Romeo und Julia nicht zusammenkommen. Ich merkte, dass fiebrige Liebe ein Haltbarkeitsdatum von fünf oder sechs Monaten hat und dann Schluss ist. Das einzige alternative Ende, das ich mir heute für Romeo und Julia vorstellen kann, ist: Herzverrücktheit, Liebesglut, Liebesbrand und nach fünfeinhalb Monaten die Trennung. Keine Routine, das ist zum Gähnen langweilig, sondern eine Exekution der Liebe. Die beiden leben als Zombies weiter, Schluss.“
(Süddeutsche Zeitung Magazin, 4. Dezember 2015)

Die Fassung

Wir rollen die Tragödie in einer eigenen Fassung vom Ende her auf. Julia liegt scheinbar tot in der Gruft. Betäubt von einem Schlaftrunk versucht sie so der geplanten Hochzeit mit Paris zu entkommen. Romeo, der nichts von dem Schlaftrunk weiß, hält Julia für tot. Im Moment größter emotionaler Verzweiflung über den scheinbaren Tod Julias nimmt er Gift und scheidet aus dem Leben. In diesem Moment erwacht Julia. Für eine Sekunde begegnen sich noch einmal ihre Blicke. Eine Sekunde, in der sich das Leben – Julia – und der Tod – Romeo – zum Abschied in Liebe umarmen.
In unserer Fassung halten wir diese Sekunde an und beginnen
von dort aus ihre Liebesgeschichte zu erzählen. In einzelnen Traumbildern flackern die Stationen ihrer Liebe ein letztes Mal auf. Ein Abriss von Einzelbildern, wie er sich im Angesicht des Todes vor dem inneren Auge der Beiden abspielt. Traumlichternde, atmosphärisch dichte Bilder, die, nur kurz angespielt, gleich ins nächste Bild übergehen. Es entsteht ein Bild dieser Liebesgeschichte, gesehen nur mit den Augen der Zwei. Ihr Blick auf das, was war. Ermöglicht durch einen geschenkten Augen-Blick in der Sekunde des Todes und künstlich verlängert auf die Spiellänge unserer Inszenierung, sind wir Zeugen ihrer Erinnerung. Mehr Zeit ist den Beiden nicht vergönnt.

 

Die Inszenierung

Die Inszenierung bedient sich bei der Umsetzung auf die Bühne einer besonderen Erzählform: der Collage. Text, Musik, Kostüme, Video, Licht und Szene verschmelzen dabei zu einer faszinierenden Traumcollage. Da Musik und Liebe untrennbar zum Lebensgefühl von Jugendlichen gehören, ist die musikalische Ebene besonders groß. Sie reicht von Christina Aguilera über Leonard Cohen bis Kraftklub, deren Songs von unserem Ensemble live gesungen werden. Mal lösen sich gesungene Songs und gesprochener Text ab, mal sind sie ineinander verzahnt. Die dabei entstehende Musikdramatik zieht den Zuschauer tief in die emotionale Seelenlage der Figuren hinein.
Darüber hinaus spielen einige Figuren an Orten im Bühnenhaus, die vom Zuschauer selbst nicht einsehbar sind. Um sichtbar zu
machen, wer die jeweilige Figur ist, werden sie live auf eine große Videoleinwand projiziert. So entstehen zusätzliche Räume im Kopf der Zuschauer.
Die Kostüme bringen eine weitere Farbe in die Collage ein. Im Stil der Renaissance verweisen sie ästhetisch auf die Zeit Shakespeares. Neben dem historischen Gedanken und dem sinnlichen Genuss, den diese Kostüme auslösen, sind sie der richtige Kontrapunkt im Zusammenspiel mit Live-Videoübertragungen und populären Songs.
Aus all dem ergibt sich eine große, atmosphärisch-dichte Traumcollage, die sich um radikale Gefühle, Unsterblichkeit, Sinnlichkeit, sehr viel Musik und vor allem den Zauber der ersten Liebe dreht.

Playlist

1. Jozef van Wissem & Jim Jarmusch - „Etimasia“ (instrumental)
2. Celine Dion - „My Heart Will Go On“
3. Christina Aguilera - „Say Something“
4. Die Toten Hosen (Campino) & Birgit Minichmayr - „Auflösen“
5. Serge Gainsbourg - „Requiem Pour Un Con“
6. Macklemore & Ryan Lewis - „Same Love“
7. John Dowland - „Flow My Tears“
8. Marius Müller-Westernhagen - „Freiheit“
9. Queen - „We Will Rock You“
10. Ida Maria - „Oh My God“
11. Die Ärzte - „Junge“
12. Leonard Cohen - „Hallelujah“
13. Nick Cave und Kylie Minogue - „Where The Wild Roses Grow“
14. Bairisch Diatonischer Jodelwahnsinn - „Wödaschwüln“
15. Mary Jess - „Did I Make The Most Of Loving You“ (Downton Abbey Theme Song)
16. Kraftklub - „Songs für Liam“
17. Ton Steine Scherben - „Halt dich an deiner Liebe fest“