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Eine Münchner Freiheitskämpferin
Regie
Mayra Capovilla
Dramaturgie
Damaris Nübel
Bühne/Licht
Hans-Peter Boden
Kostüme
Claudia Jung
Es spielen
Berit MenzeVanessa JekerJohannes Klama

Dauer

65 Minuten

Alter

Ab 15 Jahren

Premiere

13. November 2008

Im Stil eines Abenteuerromans wird die Geschichte der Münchner Antifaschistin Olga Benario erzählt, die als Kind einer jüdisch-sozialdemokratischen Anwaltsfamilie in der Schwabinger Jakob-Klar-Straße aufwuchs. Mit 34 Jahren starb sie im KZ Bernburg. Dazwischen lagen Jahre der antifaschistischen Arbeit in Berlin und Brasilien, wo jedes Schulkind noch heute im Geschichtsunterricht von ihr hört und viele Straßen und Schulen nach ihr benannt sind. Obwohl Olga Benario aus München stammt, gibt es in der Stadt keine Gedenktafel, kein Straßenschild, keinen Platz, der an diese mutige Frau erinnert.

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Olga Benario – Zeittafel

12.2.1908  Olga Benario wird in der Münchner Haydnstraße 12 als Tochter einer jüdisch-sozialdemokratischen Anwaltsfamilie geboren. Vater: Dr. Leo Benario und Mutter: Eugenie Benario.
1915 – 1925      Olga wächst in der Jakob-Klar-Straße 1 auf, besucht die Höhere Mädchenschule in der Luisenstraße – heute Luisengymnasium – und tritt
1923      in den Kommunistischen Jugendverband Schwabing ein.
1925      geht sie mit ihrem Freund Otto Braun, KPD, nach Berlin und arbeitet aktiv im Neuköllner Jugendverband mit.
1926      Verhaftung zusammen mit Otto Braun wegen illegaler Tätigkeit für die KPD. Olga wird zwei Monate später freigelassen.
11.4.1928      Olga befreit Otto Braun in einer spektakulären Aktion mit Hilfe von vier Genossen aus dem Gefängnis Moabit. Anschließend Flucht nach Moskau.
1930      Olga reist im Auftrag der Komintern nach Frankreich und England. Verhaftung und Abschiebung zurück nach Moskau.
1931 – 1934      Olga lernt russisch, arbeitet als Sekretärin und macht eine militärische Ausbildung, um sich auf den Kampf gegen das Hitler-Regime vorzubereiten. Bruch mit Otto Braun.
1933      Der Vater stirbt in München
1934/35      Olga lernt den brasilianischen Revolutionär Luiz Carlos Prestes kennen. Die Komintern beauftragt sie, ihn als Sicherheitsoffizierin nach Brasilien zu begleiten.
 

April 1935      Ankunft in Rio de Janeiro unter falschen Namen. Olga und Luiz Carlos sind inzwischen ein Liebespaar.
27.11.1935      Unter der Leitung von Luiz Carlos Prestes Aufstand in Rio de Janeiro gegen die faschistische Diktatur von Getúlio Vargas. Scheitern des Aufstands am gleichen Tag.
März 1936      Verhaftung von Olga Benario und Luiz Carlos Prestes.
September 1936      Auslieferung der hochschwangeren Olga Benario an Nazi-Deutschland.
27.11.1936      Im Frauengefängnis in der Barnimstraße in Berlin bringt sie ihre und Prestes Tochter Anita Leocádia zur Welt. Verurteilung von Luiz Carlos Prestes zu einer langjährigen Gefängnisstrafe in Brasilien.
21.1.1938      Olga wird gewaltsam von ihrer Tochter getrennt. Diese wird der Mutter von Prestes übergeben und nach Mexiko in Sicherheit gebracht.
Februar 1938      Internierung von Olga Benario im Konzentrationslager Lichtenburg und im
Frühjahr 1939      Deportation nach Ravensbrück. Olga wird Blockälteste.
April 1942      Ermordung von Olga Benario in einer Gaskammer der Heil- und Pflegeanstalt Bernburg.
1943      Ermordung der Mutter in Theresienstadt

(Quelle: Ausstellung zum 100. Geburtstag von Olga Benario. Claudia von Gélieu, Anna-Jutta Pietsch, Brigitte Schuchard, München 2008)

Stück und Inszenierung

Am 12. Februar 1908 wurde Olga Benario als jüngstes Kind einer jüdisch-sozialdemokratischen Anwaltsfamilie in München geboren. Im Alter von 34 Jahren starb sie im Konzentrationslager Bernburg. Dazwischen lagen Jahre der antifaschistischen Arbeit in München, Berlin, Moskau, Paris, Brasilien, .... Diesen Spannungsbogen im Kampf gegen Faschismus und Unterdrückung über Länder und Kontinente hinweg erzählt das Stück.
Die Inszenierung beginnt in einer Ausstellung. Man kommt in das Foyer der Schauburg und befindet sich mitten in einer Ausstellung über Olga Benario. Darin erfährt man alles über das außergewöhnliche Leben dieser Münchnerin und über die Zeit, in der sie lebte.

So mit Informationen geschwängert, sucht man seinen Sitzplatz auf der Studiobühne der Schauburg, bis es plötzlich sehr laut wird. Theatergäste? Dann sieht man sie: Die Tochter von Olga Benario – Anita, Olgas Mann – Prestes und ihre Schwiegermutter – Leocádia. Schwer bepackt kommen sie gerade aus Brasilien auf Spurensuche in Olgas Heimatstadt München. Im Rahmen der Schauburg-Ausstellung suchen die Drei den ihnen zugesicherten Ausstellungsraum in der Schauburg, um das Leben ihrer Mutter, Frau und Schwiegertochter lebendig werden zu lassen. Und dann beginnt das Abenteuer.

Das Publikum wird mitgenommen auf eine Reise rund um die Welt und in ein Drama verstrickt, in dem Leidenschaft, Lebensgefahr und Liebe nur eine Handbreit auseinander liegen. Das Stück setzt ein, als Olgas Lebensgefährte Otto Braun in Berlin wegen Hochverrats verhaftet wird. Olga Benario initiiert daraufhin eine spektakuläre Befreiungsaktion aus dem Gefängnis in Moabit und macht zum ersten Mal eine breitere Öffentlichkeit auf sich aufmerksam. Sie muss Deutschland verlassen und findet in Moskau Zuflucht. Dann wird sie 1934 mit Luis Carlos Prestes, einem früheren Hauptmann der Brasilianischen Armee, nach Brasilien geschickt, um dort gemeinsam mit ihm die Revolution vorzubereiten.

Der Putsch vom 27.11.1935 gegen das diktatorische Regime von Vargas scheitert, und Olga muss mit Prestes untertauchen. 1936 wird sie verhaftet und vom Polizeichef in Rio de Janeiro hochschwanger an die Gestapo ausgeliefert, indem er sie auf ein deutsches Schiff bringen lässt. Der Kapitän verweigert den Transport der Hochschwangeren zunächst, allerdings letztendlich erfolglos. Ihre Tochter kommt im Frauengefängnis Barnimstraße in Berlin zur Welt. Auf internationalen Druck übergibt die Gestapo den Säugling an Olgas Schwiegermutter Leocadia Prestes. 1942 wird Olga Benario in der NS Tötungsanstalt Bernburg vergast.

Die junge brasilianische Regisseurin Mayra Capovilla inszeniert das Stück der jungen Münchner Autorin Damaris Nübel als temporeiches und emotional packendes Drama im Stil eines Abenteuerromans. Dabei spielen drei Schauspieler 18 Figuren und entfachen ein kurzweilig-fulminantes Feuerwerk an ursprünglicher Spiellaune, das die Lust am Zuschauen immer aufrechterhält. Die Inszenierung besticht darüber hinaus durch einen leichtfüßig-genauen Umgang mit einer Vielzahl von theatralen Mitteln, die im Zusammenspiel mit der Spielwut der Schauspieler zu einem unvergesslichen Theatererlebnis werden.

„Auf Olga Benario!“ – ein Stück über eine Frau, die durch ihr kompromissloses Eintreten für eine gerechtere und sozialere Welt im Kampf gegen den Faschismus gerade heute Orientierung geben und Mut machen kann.
Obwohl Olga Benario aus München stammt, gibt es in der Stadt keine Gedenktafel, kein Straßenschild, keine Schule, keinen Platz, der an diese ungewöhnlich mutige Frau erinnert.

Regisseurin und Autorin

Mayra Capovilla - Regisseurin
wurde 1978 in Rio de Janeiro geboren. Neben ihrem Geschichtsstudium ließ sie sich zur Schauspielerin ausbilden und sammelte im Rahmen des interkulturellen Theaterprojekts “Der fremde Blick/Estranha Visão“ auch Erfahrungen als Regisseurin. Ende 2006 war sie Stipendiatin der Villa Waldberta und lebt seither im Ruhrgebiet, wo sie am Theaterhaus Thealozzi als Regisseurin tätig ist. Sie ist Mitglied von ASSITEJ/Brasilien und nahm im Mai 2007 an einem Regie-Seminar für Kinder und Jugendtheater am Jungen Schauspielhaus Düsseldorf teil.

Damaris Nübel – Autorin
wurde 1982 in Freudenstadt geboren. Sie studierte Dramaturgie an der Bayerischen Theaterakademie August Everding und ließ sich zur Theaterpädagogin ausbilden. Im Rahmen des interkulturellen Theaterprojekts „Der fremde Blick/Estranha Visão“ war sie 2006 für ein
halbes Jahr in Rio de Janeiro, wo sie neben ihrer Arbeit als Dramaturgin und Theaterpädagogin die portugiesische Sprache lernte.
Das erste gemeinsame Theaterprojekt von Mayra Capovilla und Damaris Nübel trug den Titel „Quasi Mensch/Quase humano“ und war nach mehreren Vorstellungen in Rio de Janeiro Ende 2006 als Gastspiel in der Pasinger Fabrik zu sehen.

Mayra Capovilla wunderte sich sehr, als sie merkte, dass in Deutschland kaum jemand die Geschichte von Olga Benario kannte, wo sie doch in Brasilien sogar zum Unterrichtsstoff gehört. Das brachte sie auf die Idee, gemeinsam mit Damaris Nübel ein Theaterprojekt zu diesem Thema zu realisieren. Schnell stand fest, dass München der richtige Ort sein würde – denn hier wuchs Olga in der Schwabinger Jakob-Klar- Straße auf.
So wird an der SchauBurg im Jahr 2008 – zum 100. Geburtstag von Olga Benario und zum 850. Geburtstag von München – erstmals eine theatrale Erinnerungstafel in der Heimatstadt dieser einzigartigen Frau errichtet.