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Nach "Alice im Wunderland" von Lewis Carroll

Regie:
Jouke Lamers
Ausstattung:
Annette Pach
Musik:
Toni Matheis
Es spielen:
Jörg BaeseckeHedwig Rost

Alice im Unterland

Dauer

50 Minuten

Alter

Ab 7 Jahren

Premiere

24. Februar 1994
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Erzähl uns eine Geschichte, Bitte!

Lewis Carroll, der eigentlich Charles Lutwige Dodgson hieß, von 1832 bis 1898 lebte und als Dozent für Logistik und Mathematik (!) am Christ Church College in Oxford arbeitete, litt als Kind unter Sprachstörungen. Sein Stottern und Haspeln besiegte er durch eine Kombination von Logik und Zauberei, mathematischer Strenge und irrwitzigen Sprachspielen.
Unter Erwachsenen und bei seinen Studenten galt er immer als höflich, aber weltfremd. Bei Kindern dagegen wurde er zu einem Gefährten voller Ausgelassenheit, zu einem Erzähler mit unerschöpflicher Einfallskraft. Sein ganzes Leben hat Lewis Carroll Kindern improvisierte Geschichten erzählt, die allerdings nie aufgezeichnet wurden. Über die Entstehung seines Buches "Alice im Unterland" hat er folgendes festgehalten: "Das ist viele Jahre her, aber ich erinnere mich jetzt, während ich dies schreibe, noch genau daran, wie ich damals, in einem verzweifelten Versuch, einen neuen Ansatz für Märchen zu finden, meine Heldin geradewegs in einen Hasenbau hinunterschickte ohne die leiseste Ahnung, was dann passieren sollte. Bei der Niederschrift fügte ich viele neue Ideen hinzu, die gleichsam von selbst aus der ursprünglichen Vorlage herauszuwachsen schienen."

Alice Liddell, die als Siebenjährige Weihnachten 1864 "Alice im Wunderland" von dem eigenbrötlerischen Dozenten geschenkt bekam, erinnerte sich als Erwachsene sehr genau an die Entstehung des berühmten Buches: Wie er die Abenteuer des Mädchens Alice an einem glutheißen Sommertag auf einer Wiese erfand und erzählte, und wie sie ihn bat, dies aufzuschreiben. Wahrscheinlich ist es ihrer Hartnäckigkeit zu verdanken, dass die Geschichte erhalten ist.
"Alice im Wunderland" gilt als "Klassiker der Nonsens-Literatur", als "Meisterwerk der Weltliteratur" – für Kinder wie für Erwachsene. Trotzdem ist die Geschichte – zumindest in Deutschland – wenig bekannt. Alice schrumpft und wächst auf wundersame Weise im Wunderland. Viel mehr wissen die Wenigsten. Und die jungen Zuschauer haben eher Walt Disneys Bilder vor Augen denn die berühmten Zeichnungen von John Tenniel.

Worte aus dem Unterland

In der ersten Fassung, die Lewis Carroll der echten Alice schenkte, hieß die Geschichte "Alice's Adventures Underground". Um gleich im Titel zu signalisieren, dass wir nicht versuchen, das berühmte Buch auf der Bühne zu illustrieren, sondern eine theaterspezifische Umsetzung der Geschichte zeigen, haben wir diesen Ur-Titel für unsere Fassung gewählt.
Es erfordert große Konzentration, die Fabel dieser Abenteuer-Geschichte zu erzählen. Auch nach wochenlanger Arbeit am Stück war dies für die Spieler in den Proben immer wieder eine Herausforderung. Zu mutwillig und regellos schickt Lewis Carroll das Mädchen Alice von einem Abenteuer ins nächste.

Häufig gilt "Alice im Wunderland" als Nonsens-Literatur. In Wirklichkeit hat der Autor auf verrückte Art mit Sprache, mit Worten, Redewendungen und Kinderversen jongliert – gespickt mit sehr viel Sinn. Diese beziehungsreichen Spiele mit der Sprache sind auch vom besten Übersetzer nur ansatzweise zu übertragen. Und doch hat uns gerade die Beschäftigung mit Sprache am meisten an der Geschichte von Alice interessiert.
"Kind werden heißt buchstäblich sein." Dieser Satz von Lewis Carroll hat unsere Neugier geweckt. Zuschauer für die Welt der Sprache zu interessieren, Lust auf Spracherkundungen und hellhörig für Unterschiede zu machen, die Welt verkehrt herum zu sehen, einen Spielplatz zu zeigen, auf dem zwei Wörtlichnehmer, Objektspieler und Wortwerker mit unserer Wahrnehmung jonglieren! Im Unterland ist die Sprache wichtigster und mächtigster Faktor.
 

Was alles passiert im Unterland

Alice sitzt im Gras und liest. Ein sprechendes Kaninchen springt vorbei. Neugierig folgt ihm Alice ins Kaninchenloch. Sie stürzt in die Tiefe und landet in einem langen Saal. Am Boden liegt eine Flasche. Als Alice daraus trinkt, schrumpft sie und kann sich deshalb durch ein winziges geheimnisvolles Fensterchen ins Freie zwängen.
Auf einer Waldlichtung trifft sie das schon bekannte Kaninchen und einen Hutmacher. Die beiden sitzen an einer langen Tafel und trinken Tee. Sie geben einander Rätsel auf. Die Zeit ist außer Kraft. Alles ist ein Rätsel. Keine Regel, kein Naturgesetz gilt mehr. Als Alice ein paar Kekse isst, wächst sie so rasend, dass sie bald im Haus klemmt und ihre Beine zum Fenster hinausragen. Voller Schrecken hört sie von dem Plan, diese unheimlich großen Füße abzuhacken. Sie schreibt einen Brief an ihre Füße. Als sie eine Antwort bekommt, bricht sie vor Rührung in Tränen aus. Dadurch schrumpft sie wieder. Noch einmal Glück gehabt!
Während sie über das Erlebte grübelt, kommt eine Maus mit Erklärung vorbei. Anhand eines Fernglases demonstriert sie, wie man (durch Umdrehen) größer oder kleiner werden kann. Alles nur eine Frage des Blickwinkels.

Jemand lockt sie vor das Haus der Herzogin. Dort gerät sie in eine seltsame Küche: Die Herzogin rührt brodelnde Suppe, und der ganze Raum ist voller Pfeffer. Ein Baby niest und schreit, ein Schwein soll offenbar geschlachtet werden. Überwältigt schläft Alice ein.
Als sie am nächsten Morgen versucht, sich zu erinnern, merkt sie im Gespräch mit der Schildkröte, dass ihr alle Worte verdreht aus dem Mund kommen. Irgendetwas muß in der vergangenen Nacht passiert sein.
Da taucht schon die Maus auf mit einer Vorladung vor das Gericht der gefürchteten Herzkönigin: der Herzogin, einer Schwester der Herzkönigin sind Worte gestohlen worden. In einer absurden Gerichtsverhandlung bedroht die Herzkönigin jeden mit der Todesstrafe: Kopf ab! Auch Alice ist in Gefahr. Doch sie erkennt, dass die Herzkönigin und ihre gemeinen Helfer nur Traumgestalten sind. Damit wacht sie auf.
Aber wer hat denn nun die Worte gestohlen? Natürlich der Dichter, als er unter dem Fenster der Herzogin saß und die Buchstaben einsteckte, die achtlos aus dem Fenster herausgeworfen wurden.
 

Hedwig Rost & Jörg Baesecke

- Hedwig Rost stammt aus München, hat eine Geigenausbildung am Richard-Strauß-Konservatorium absolviert, ist ausgebildete Tanzpädagogin und Gestalttherapeutin.

- Jörg Baesecke ist ausgebildeter Jurist. Die beiden arbeiten seit 1983 zusammen. In München sind sie seit ihrer Auftritte mit der KLEINSTEN BÜHNE DER WELT bei den SCHAUSPIELEN 1986 und 88 einem breiten Publikum bekannt. 1992 haben sie im Auftrag der SCHAUBURG eine Produktion für eine "größere Bühne" erarbeitet: KOLUMBUS NACHFAHREN. Die Zusammenarbeit wird fortgesetzt.